Die Link-Orgel von 1907 bis 1964
Zwischen November 1906 und April 1907 wurde das neue Instrument in der Giengener Orgelbauwerkstätte der GEBRÜDER LINK erbaut und danach in der Martinskirche auf der unteren Empore, der jetzigen Orgelempore, aufgestellt.
Der alte Orgelprospekt von SCHMAHL wurde im zweiten und vierten Feld verbreitert und als Front der neuen romantischen Orgel wieder verwendet.
Das Werk erhielt 32 Register, die auf zwei Manualen und Pedal verteilt waren, sodann wurden pneumatische Kegelladen, eine Röhrenpneumatik nach unserer bewährten Construktion und ein Gebläse vorerst Fußbetrieb eingebaut.
Die Intonation der Orgel war dem spätromantischen voluminösen Klangsinn der Jahrhundertwende angepasst und basierte auf vielen Grundstimmen mit vielen unterschiedlichen Klangcharakteren mit einer dynamischen Bandbreite vom leisesten Hauch bis zum gewaltigen Fortissimo.
Insgesamt kostete der Orgelneubau 9470 Mark.
Im Jahre 1913 wurde in der Orgel ein großer Elektromotor eingebaut, sodass der bis dahin noch benötigte Kalkant, der das Instrument mittels Fußbetrieb mit Wind versorgte, überflüssig wurde.
Auf Anordnung des Reichskriegsministeriums wurden im Jahre 1917 auch in Langenau die Zinnprospektpfeifen der Orgel beschlagnahmt und zu Rüstungszwecken eingeschmolzen.
Ende des Jahres 1919 konnten Ersatzpfeifen aus Zink durch die Werkstätte LINK hergestellt werden, sodass ab Mitte Dezember die unansehnliche Lücke im Orgelprospekt wieder geschlossen werden konnte.
Um für die Chorarbeit ausreichend Platz auf der Orgelempore zu bekommen, wurde im Jahr 1930 der bis dahin mittig auf der Empore stehende Spieltisch der Orgel seitlich auf die Höhe der Kanzel versetzt. Außerdem rückte man die Emporenbrüstung um rund 30 Zentimeter nach außen und schuf für den Chorleiter eine Dirigentenkanzel, die in die Brüstung eingefügt wurde.
In der Sitzung des Kirchengemeinderates im August 1962 wurde zum ersten Mal die nicht mehr voll funktionstüchtige Orgel erwähnt und eine klangliche Verbesserung des Instrumentes in Erwägung gezogen.
Der zuständige Orgelpfleger, KMD HELMUT BORNEFELD aus Heidenheim, schlägt in seinem Gutachten vom 1. November 1962 einen auf einen Neubau wartenden Umbau der klanglich völlig überholten Orgel vor.
BORNEFELD wollte eigentlich einen Neubau-Vorschlag verwirklichen und riet dringend von Umbauten ab, da ein Orgelprojekt eine Anschaffung für viele Jahrzehnte sein müsse. Außerdem sah er voraus, dass eine Modernisierung lediglich eine Hinauszögerung der generellen Orgelfrage sei. Sehr eindrücklich schrieb er der Kirchengemeinde, dass unsere Nachfolger sehr wenig Verständnis für eine solche Lösung haben werden.
Trotzdem beschloss der Kirchengemeinderat in seiner Sitzung vom 10. Dezember 1962 einen klanglichen Umbau des Instrumentes nach den Plänen von Helmut Bornefeld vorzunehmen. Gegebenenfalls könnte das veränderte Klanggut in eine neue Orgel übernommen werden.
Der Auftrag zum Klangumbau der Orgel wird am 8. Februar 1963 an die Werkstätte LINK in Giengen vergeben.
Die Orgelbauwerkstätte Link in Giengen
Die Zwillingsbrüder JOHANN (1821-1871) und PAUL LINK (1821-1891) gründeten im Jahre 1851 in Giengen an der Brenz eine eigene Orgelbauwerkstätte. Den Beruf des Orgelbauers erlernten die Brüder in ihrem Heimatort Spaichingen beim dort ansässigen Orgelmacher ANTON BRAUN.
Weitere wichtige Impulse erhielten die beiden Brüder bei EBERHARD FRIEDRICH WALCKER in Ludwigsburg, dem wohl innovativsten Orgelbauer der damaligen Zeit.
Durch die Errichtung ihrer ersten eigenen Orgel, dem Opus 1, welche sie für die Stadtkirche in Giengen erbauten, nutzten sie dort die Gelegenheit zur Firmengründung.
In den ersten beiden Jahrzehnten der Firmenexistenz erbauten die GEBRÜDER LINK hauptsächlich kleinere ein- und zweimanualige Instrumente für die Stadt- und Dorfkirchen der Ulmer und Heidenheimer Alb, Hohenlohe und Oberschwaben.
Als im Jahre 1885 die erste Orgel nach Übersee das Werk kam in der St. Annen-Kathedrale im indischen Bombay zu stehen gebaut wurde, war dies der Auftakt für die Expansion der Orgelbauwerkstätte, die sich zu einer der größten und erfolgreichsten Betriebe in Süddeutschland entwickeln sollte.
Ab etwa 1890 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges hatte die Firma ihre quantitativ produktivste Phase. Vom Werk am Firmenstammsitz in Giengen und dem Zweigbetrieb im belgischen Namur verließen in dieser Zeit nicht weniger als rund 450 neue Orgeln die Werkstätten, die ihre Aufstellungsorte in ganz Europa, Südamerika, der damaligen deutschen Kolonie Südwestafrika, Indien, China und Japan fanden. In diesen Zeitraum fiel außerdem auch der Bau des größten Instruments der Werkstätte LINK: Das im Jahre 1910 erbaute Werk für die Ulmer Pauluskirche mit ihren 58 Registern wurde zusammen mit dem neu erbauten Gotteshaus im Beisein der württembergischen Königsfamilie eingeweiht.
Schwere Zeiten hatte die Werkstätte LINK während der beiden Weltkriege zu überstehen, praktisch die gesamte Belegschaft war jeweils zum Kriegsdienst eingezogen worden.
Die nach dem Zweiten Weltkrieg beginnende Zusammenarbeit mit HELMUT BORNEFELD, der in Gestalt der Orgelbaufirma LINK einen geeigneten Partner zur Verwirklichung seiner Orgelprojekte gefunden hatte, führte die Werkstatt zu einer zweiten Blüte des Orgelneubaus.
Seitdem in den 80er Jahren die Tätigkeit der Orgelkonservierungen begannen, werden parallel neben den wieder nach klassischen Bauprinzipien errichteten Orgelneubauten historische Instrumente aus dem 18., dem 19. und dem beginnenden 20. Jahrhundert fachgerecht restauriert.
Seit dem Jahre 2003 firmiert die Werkstätte unter dem Namen Giengener Orgelmanufaktur GEBRÜDER LINK GmbH und kann seit ihrer Gründung auf die große Zahl von rund 1090 neu erbauten Orgeln blicken.